Presse – Die Kitzinger – Ein Schuss Notwendigkeit
Presseartikel in der Ausgabe Samstag, 24. Februar 2018
Warum den Jagdschein machen? Timo Markert und André Göpfert haben Antworten.
Von unserem Redaktionsmitglied Ralf Dieter
Wieso wird man Jäger? Wieso lernt man die Knospen und Blätter der heimischen Baumarten unterscheiden? Und was ist das für ein Gefühl ein Tier zu erlegen. Oder wie es die Jäger ausdrücken: Hege mit der Büchse zu betreiben. André Göpfert und Timo Markert haben Antworten. Seit Dezember letzten Jahres haben sie den Jagdschein in der Hand.
André Göpfert ist Geschäftsführer der Göpfert GmbH mit rund 390 Mitarbeitern in Wisentheid. Timo Markert ist selbstständiger Dachdecker aus Kitzingen. Über einen Mangel an Arbeit können sich die beiden Männer sicher nicht beklagen. Und dennoch haben sie sich vor rund einem Jahr für eine ganz neue Herausforderung entschieden: Jagdschein machen. Das so genannte „Grüne Abitur“.
„Das war tatsächlich eine ganz schöne Schinderei“, erinnert sich André Göpfert und lacht. Den Aufwand hatte der Wisentheider ein wenig unterschätzt. Zu den 60 Stunden Praxis kamen 60 Theoriestunden. Am Ende stand eine Prüfung, die es in sich hatte. „Bei allen Sachgebieten mussten insgesamt rund 1300 Sachfragen gelernt werden“, erinnert sich Timo Markert. Hundert werden geprüft. Und das aus verschiedenen Themengebieten: Naturschutz, Landbau, Forstwesen, Jagdhundewesen, Wildhege und Jagdbetrieb, Rechtliche Vorschriften, Biologie der Wildarten und Jagdwaffen, Jagd und Fanggeräte. Diejenigen Punkte, die in der öffentlichen Wahrnehmung am meisten diskutiert werden.
„Ich wollte einfach mehr über die Natur erfahren“, erläutert André Göpfert seine Motivation. Welches Tier brütet wann und wo? Welche heimischen Pflanzen und Tierarten gibt es? Welche Vögel sind Zugvögel und dergleichen. 14 Interessierte hatten sich für den Jagdkurs der Jägerausbildung Roman Wüst in Kitzingen angemeldet. Vom Schüler bis zum Geistlichen war nicht nur die berufliche Spannbreite groß. Auch das Alter der Teilnehmer variierte von 17 bis 60 Jahren. Frauen und Männer hielten sich die Waage.
Timo Markert bezeichnet sich als Naturmensch. Seine Frau hatte Pferde, er streift gerne durch den Wald. Berührungsängste kennt er nicht. Sein Großvater hat Hasen geschlachtet. „Das war damals noch ganz normal“, sagt er. Das Fell abgezogen, das Tier ausbluten lassen. und später als Familie am Mittagstisch Hasenpfeffer gegessen. Den Bezug zu einem naturnahen Leben hätten viele Menschen verloren, bedauert er. Die Jagd sei ein Teil davon. Ein sinnvoller teil für Tier und Mensch.
Ein Tier bei der Jagd zu erlegen sei allemal besser als ein massenhaftes Töten im Schlachthof, gibt Timo Markert zu bedenken. Neben der Tatsache, dass das Fleisch gesünder ist, spricht der Jäger von einer „Waidgerechtigkeit“. „Hierbei geht es im wesentlichen um Tier- und Umweltschutz, aber auch um das respektvolle Umgehen mit Menschen“, ergänzt André Göpfert.
„Der Jäger ersetzt die fehlenden Wildtiere“, erklärt Timo Markert. Raubtiere gibt es kaum noch, ohne den Eingriff der Jäger würden sich Wildschweine und Rehe ungehindert vermehren mit fatalen Folgen für den Wald und die Gesundheit der Menschen. „Denken Sie nur an die Afrikanische Schweinepest, die derzeit in allen Medien ist, oder an die Verbissschäden im Wald“, sagt André Göpfert. Ohne Jäger würde die Zahl der tollwütigen Tiere exponentiell zunehmen und das führt automatisch zu diversen Wildkrankheiten. Wildschweine würden sich auf Feldern und irgendwann auch in Gärten gütlich tun. Die beiden Männer sind von der Notwendigkeit der Jagd überzeugt.
Und wie war das Gefühl zum ersten Mal ein Tier zu erlegen! „Spaß macht das nicht“, versichert André Göpfert. „Es ist nie schön, ein Lebewesen zu töten, denn das Tier ist ein Lebewesen, dem vermeidbare Schmerzen erspart werden sollen“. Timo Markert nickt zustimmend. Das Schießen sei nur ein teil der Ausbildung und der Profession. Wichtig ist dabei, gleich richtig zu treffen. Das Tier dürfe keine Qualen erleiden. Dennoch: Einen gewissen Jagdinstinkt will der Repperndorfer gar nicht verhehlen. Wenn es bei der Wildschweinjagd im Wald knackt vor lauter trampelnden Wildschweinen, die auf einen zukommen, „dann ist man voller Adrenalin“, erzählt er. Seit Anfang Dezember hat Timo Markert den Jagdschein, seither einige Tiere erlegt. „Auc wenn Sie mir nicht glauben“, sagt er. „Bei meinem ersten Reh habe ich mich entschuldigt“.
Drei Jahre sind die beiden nun „Auszubildende“. Erst dann dürfen sie eine Jagdpacht übernehmen. André Göpfert hat dafür nicht genug Zeit, Timo Markert überlegt es sich ernsthaft, dass er in ferner Zukunft einsteigt. Wie auch immer: Den Wald und seine Geschöpfe werden sie von nun an mit anderen Augen betrachten. André Göpfert erinnert sich an einen frühen Morgen beim Pirschen. Drei Rehe sind vor ihm aufgestanden und haben auf der Lichtung geäst. „Die waren nur ein paar Meter entfernt von mir“, erinnert er sich . Ein magischer Moment“.